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Pilotprojekte zum Cannabiskonsum für Erwachsene: Warum sie wichtig sind und wie Cannavigia diesen Prozess unterstützt

Mai 11, 2022 | Category : Messen & Events | Posted By : Deon Maas

Wenn die Schweiz im Laufe dieses Jahres ihre Pilotprojekte zum Cannabiskonsum für Erwachsen  startet, wird Cannavigia die offizielle Track-and-Trace-Software des Experiments sein. Zur gleichen Zeit werden auch die Niederlande ihr Pilotprogramm einführen. Dies sind die ersten beiden Länder der Welt, die beschlossen haben, den Legalisierungsprozess mit Pilotprogrammen anzuführen. Diese sollen die Gesetze bestimmen, welche die Verwendung von Cannabis in ihren jeweiligen Ländern definieren werden. Während der Rest der Welt das Ergebnis dieses Experiments mit Spannung verfolgt, führte Deon Maas ein Gespräch mit Pia Meyer, die Projektmanagerin, welche das Projekt bei Cannavigia leiten wird, Arno Hazekamp von der Legal Cannabis Coalition (LCC), der von niederländischer Seite aus die Leitung übernehmen wird, und Lino Cereghetti von Pure Holding, dem Unternehmen, das Cannabis für die Pilotversuche in Basel produziert. Die drei präsentierten am 14. April 2022 am CB Club in Zürich gemeinsam eine Podiumsdiskussion zum Thema „Pilotprojekte zum Cannabiskonsum für Erwachsene: Aktuelles aus der Schweiz und den Niederlanden“.

Welche Rolle wird Cannavigia im Schweizer Pilotprogramm spielen?

Pia: Wir werden eine sehr wichtige Rolle spielen. Die Schweizer Regierung hat Cannavigia als offiziellen Track & Trace-Partner für die Pilotversuche ausgewählt, so dass die Anbauer, Züchter, Apotheken und Social Clubs die Cannavigia-Software nutzen können. Der Aspekt der Transparenz und der Vertrauensbildung wird von Anfang an eine Rolle spielen. Am Ende, wenn es um die Legalisierung geht, bedeuten die Daten, die wir mit dem Track-and-Trace-System bereitstellen können, dass alles nach den Regeln funktioniert. Unsere Aufgabe ist es, Vertrauen im System zu schaffen.  

Warum ist es notwendig, Pilotprogramme durchzuführen?

Arno: Die niederländische Meinung ist es, dass wir einfach nicht wissen, wie die Legalisierung aussehen wird. Man kann nicht einfach beschliessen, etwas zu legalisieren, es tun und es dann einfach geschehen lassen. Das ist in anderen Ländern schon passiert, aber es dauert Jahre, bis sie es herausgefunden haben. In Kanada haben sie die gesamte Macht an Unternehmen mit einer Lizenz übertragen, was verrückt ist, weil der freie Markt bedeutet, dass alle miteinander konkurrieren werden. Das führt zu Problemen mit Betrug, feindlichen Übernahmen und dem Kauf von Produkten auf dem Schwarzmarkt. Das wiederum führt dazu, dass sich die Menschen nicht mehr an die Regeln halten, denn wenn der Kommerz die Oberhand gewinnt, gibt es nicht mehr viel Fairness. Wir haben gelernt, was auf der ganzen Welt passiert ist, und es ist klar, dass es noch kein Modell gibt, das funktioniert. Also machen wir ein Experiment, um zu sehen, wie man Dinge organisieren muss, damit sie funktionieren.

Lino: Die Schweiz hat einen anderen Hintergrund, aber die Gründe sind mehr oder weniger dieselben. Wir haben erkannt, dass die Prohibitionspolitik der letzten Jahrzehnte gescheitert ist. Sowohl die Eidgenössische Betäubungsmittelkommission als auch der Schweizer Bundesrat haben diese Politik für gescheitert erklärt. In der Schweiz scheinen sich alle einig zu sein, dass wir ein neues Modell und neue Regelungen brauchen, und die grosse Frage ist natürlich, wie man das regeln kann. Das Pilotprogramm hofft herauszufinden, welches Modell am besten geeignet ist, um den Freizeit-Cannabismarkt zu regulieren.

Arno: Es geht um mehr als nur darum, ein Geschäft zu eröffnen und mit dem Verkauf von Produkten zu beginnen. Es gibt eine Menge Dinge, die herausgefunden werden müssen.

Lino: Wir versuchen also, dies mit wissenschaftlichen Studien herauszufinden und sie als Grundlage für eine künftige Regulierung zu nutzen.

Pia: In diesem Bereich ist noch nichts getan worden. Niemand weiss bisher wirklich, wie man diese Branche regulieren soll. Das Pilotprogramm bietet eine Möglichkeit, wissenschaftliche Daten zu sammeln, auf die sich eine Regulierung stützen kann. Auf diese Weise lässt sich feststellen, wie streng oder locker die Gesetzgebung sein sollte, damit die Branche floriert und es für Unternehmen einfach ist, in das Geschäft einzusteigen. Wir brauchen sie, um zu lernen, wie wir regulieren können.

Es gibt Länder, die diesen Weg nicht eingeschlagen haben. Warum ist es bei ihnen anders?

Arno: Man kann das tun, aber es hat Konsequenzen. Man ist Teil einer internationalen Gemeinschaft – es gibt die EU, es gibt die UNO, es gibt internationale Abkommen. Man kann sagen „Wir sind legal“, aber man kann EU-Subventionen verlieren oder andere Konsequenzen haben. Wenn man sich die USA anschaut, dann ist es nicht legalisiert. Die Menschen in der Branche haben Probleme mit Banken, Versicherungen und vielen anderen bürokratischen Problemen. In Kanada gibt es einen riesigen Schwarzmarkt, es herrscht Überproduktion. Die Leute müssen einen Teil ihrer Ernte vernichten, weil sie zu viel produzieren. Das funktioniert nicht. Die Schweiz und die Niederlande sind die beiden Länder, die diese Probleme erkannt haben und darauf hinarbeiten, dass die Probleme im Vorfeld geklärt werden, wenn sie legal werden. Deshalb nennt man es ja auch ein Experiment.

Lino: Wenn man es ohne das Pilotprogramm macht, geht es vielleicht schneller, aber ohne die bewusste Regulierung, die wir vornehmen.

Was passiert, wenn die Ergebnisse der Pilotprogramme negativ ausfallen?

Lino: Das kann nur passieren, wenn die Studien nicht korrekt durchgeführt werden. Wenn die Ergebnisse negativ sind, wird das die Regulierung erschweren. Wenn wir in diesem Pilotprogramm auf ein Risiko stossen, an das wir nicht gedacht haben, wird das natürlich mit einbezogen. Dafür sind diese Studien ja da. An dieser Studie sind viele Menschen beteiligt, bis Ende nächsten Jahres werden es einige Tausend sein, und es wird unvermeidlich sein, dass jemand schlechte Erfahrungen macht. Das passiert eben, wenn man viele Menschen zusammenbringt. Das bedeutet nicht, dass Cannabis nicht regulierbar ist. Es zeigt nur die Realität des Cannabiskonsums im täglichen Leben.

Arno: Genau wie bei Alkohol oder Tabak.

Was ist der Unterschied zwischen dem niederländischen und dem Schweizer Programm?

Arno: In der Schweiz gibt es keinen rechtlichen Präzedenzfall. In Holland haben wir eine bestehende Situation. Die Coffeeshops in den Niederlanden, die sich in den zehn Städten befinden, die an dem Pilotprogramm teilnehmen werden, können daran teilnehmen. Es gibt also bereits eine halblegale Situation. Das bedeutet, dass jeder Verbraucher in ein Café gehen und an dem Pilotprogramm teilnehmen kann. In Holland ist also jeder Konsument Teil des Experiments. In der Schweiz muss man sich dem Experiment anschliessen. Wenn man nicht am Experiment teilnimmt, ist man Teil des Schwarzmarktes. Das bedeutet, dass man nicht Teil des Systems ist.

Warum ist der Austausch von Informationen zwischen den beiden Ländern so wichtig?

Lino: Das Ziel ist es, herauszufinden, wie man regulieren kann, und da es Unterschiede in unseren Studien gibt, ist es sehr wichtig, dass diese Informationen ausgetauscht werden. Das bedeutet, dass wir etwas entdecken können, was sie nicht entdeckt haben, oder umgekehrt. Einige Länder haben einige wirklich grosse und teure Fehler gemacht. Es wäre dumm und katastrophal, dieselben Fehler zu wiederholen. Diese Fehler wurden gemacht, damit wir aus ihnen lernen können.    

Arno: Ursprünglich musste jedes Cannabisunternehmen einen Banktresor haben – ein superdickes, superteures Ding, das irgendwo in der Mitte des Unternehmens stehen sollte. Viele Unternehmen haben viel Geld dafür ausgegeben, bis die Regierung merkte, dass das nicht nötig war. Wenn man erst die Industrie loslässt und dann Regeln aufstellt, wird es unglückliche Fehler geben.

Was kann die Schweiz von Ländern lernen, die bereits legalisiert haben?

Lino: Ich denke, die Herausforderung besteht darin, zu lernen, was es heisst, genug zu regulieren und die Branche nicht zu sehr zu regulieren, damit der Verbraucher am Ende nicht auf den Schwarzmarkt zurückkehrt. Wir wollen, dass der Verbraucher mit den neuen Gesetzen zufrieden ist. Man darf es nicht zu billig machen, damit die Verbraucherzahlen nicht zu sehr ansteigen, und andererseits darf man es nicht zu teuer machen, damit die Verbraucher nicht wieder in die Illegalität abwandern. Wo sollte die Grenze gezogen werden, damit die Industrie Erfolg hat, aber trotzdem sowohl sie als auch der Verbraucher geschützt werden.

Arno: Unterregulierung und Überregulierung sind das grosse Problem. Wenn die Dinge zu kompliziert sind, steigt der Preis. Muss man jedes Mal gepanzerte Lastwagen haben, wenn man eine Kiste Cannabis von einem Ort zum anderen transportiert? Wenn man zu wenig reguliert und zum Beispiel die Labors nicht standardisiert und hofft, dass die Industrie das schon regeln wird, haben wir gesehen, dass man das nicht regeln kann. Letztendlich ist es ein Geschäft, und als Geschäft muss es sich lohnen, und jeder muss das Produkt mögen. Wenn der Schwarzmarkt beschliesst, in den nächsten fünf Jahren allen einen Rabatt von 50 % zu gewähren, um dieses Experiment zu zerstören – wie können wir das verhindern? Und vor allem, wie reagieren wir darauf? Wir wollen dieses Geschäft überschaubar machen.

Wie werden die Kunden von Cannavigia von den Ergebnissen dieses Pilotprogramms profitieren?

Pia: Auch Cannavigia wird aus diesem Pilotprogramm lernen. Diese neuen Entdeckungen werden natürlich in unser Produkt einfliessen. Heute hatten wir ein Treffen mit vielen Beteiligten, die an dem Pilotprogramm teilnehmen werden. Sie haben uns bereits mitgeteilt, was sie erwarten und was zur Verfügung gestellt werden soll. Als junges Unternehmen in einer jungen Branche halte ich diesen Austausch für sehr wertvoll, denn so lernen wir alle. Wir können und werden laufend neue Funktionen in unser Produkt einbauen. Die Cannavigia-Software bringt Vorteile für das Pilotprogramm, aber das Pilotprogramm bringt auch für Cannavigia Vorteile. Denn wir lernen so, was die Kunden brauchen und wollen.   

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